Das Werk Gunter Ullrichs
Künstlerische Experimentierfreude – Drucktechnische Verfahren
„In der Einfachheit liegt die Kunst“
Schon zu Beginn seines künstlerischen Schaffens strebte Gunter Ullrich nach einer klaren und vereinfachten Ausdrucksform. So kristallisierte sich bald heraus, dass neben der Zeichnung und dem Aquarell vor allem die Druckgrafik seine präferierten Gestaltungsmittel werden sollten. Denn im Gegensatz zur Ölmalerei erfordert eine Grafik von Anfang an eine saubere Linienführung.
Die Technik des Holzschnitts – sprödes Holz wird zum wesentlichen Sinnbild eines Motivs
In den 1950ern und 1960ern befasste sich der Künstler vor allem mit Holz- und Linolschnitten. Besonders der Werkstoff Holz hatte es Ullrich angetan. Durch die spröden Eigenschaften des Holzes war er gezwungen, das Wesentliche eines Motivs heraus zu arbeiten, ohne jegliche Spielereien oder malerische Effekte. Folglich fertigte der Künstler zahlreiche Holz- und Linoldrucke in echter Handarbeit an, denn eine Druckerpresse verwendete er erst ab 1970, und entwickelte sich technisch und gestalterisch immer weiter.
Expressionistische und ostasiatische Einflüsse
Ullrichs künstlerische Gestaltungsweise orientierte sich stark an Künstlern der klassischen Moderne. Denn nach dem Zweiten Weltkrieg und dem Ende der Diffamierung der sog. „Entarteten Künstler“ war es endlich möglich, sich frei mit den „neuen“ Kunstformen auseinanderzusetzen. Neben den deutschen Expressionisten zählten ostasiatische Druckgrafiker wie Hokusai oder Hiroshige zu seinen wichtigsten Vorbildern. Begriffe wie „Klarheit“ und „Einfachheit“ spielen auch bei diesen eine Schlüsselrolle.
Der „Negativ-Druck“
Seit den 1960er Jahren experimentierte der fränkische Künstler auch mit einer speziellen Hochdruck-Technik: dem „Negativ-Druck“. Statt weißem Papier, verwendete Ullrich einen dunklen Bildträger. Anschließend bedruckte er das dunkle Papier mit lasierender, heller Farbe und erzeugte so einen „optischen Grau-Effekt“. Diese fahle Farbwirkung findet sich besonders in den Darstellungen der Kriegserlebnisse wieder, die Ullrich ab den 1960er Jahren künstlerisch verarbeitete.
Experiment Farbradierung
Seit Ende der 1960er beschäftigte er sich mit der Farbradierung, einem Tiefdruckverfahren. Ullrich arbeitete an einer speziellen „Lasur-Radiertechnik“. Dabei wird eine Metallplatte, z.B. Eisen oder Kupfer, mit Säure behandelt. Durch die ätzenden Eigenschaften der Säure (Salpetersäure oder Eisenchlorid) war es dem Grafiker möglich, seine Bildidee künstlerisch auf bzw. in die Metallplatte zu übertragen.
Ullrich kombinierte das Ätzverfahren häufig mit der Kaltnadelradierung. Das heißt, er ritzte/zeichnete seine Motive zusätzlich mit einer Radiernadel aus Stahl direkt auf die Metallplatte. Auf die durch Säure oder Radiernadel entstandenen Vertiefungen trug der Künstler mehrmals neue Farbschichten auf, die er in wiederholten Druckvorgängen übereinander druckte. Durch die übereinanderliegenden Lasuren entstand eine interessante Tiefenwirkung mit fein abgestuften Farbnuancen. Jedes handgedruckte Blatt wird somit zu einem farblichen Unikat. Ullrich nutzte dies, um mit einer Metallplatte unterschiedliche Farbstimmungen zu erzeugen.
Die „Zucker-Absprengtechnik“
Der Künstler entdeckte mit der Zeit eine weitere Radiertechnik für sich, die sogenannte Zucker-Absprengtechnik. So entstanden seine charakteristischen Landschaftsdarstellungen, wie z.B. „Main“ von 1975. Die Zucker-Absprengtechnik ermöglichte es Ullrich, auf Reisen spontan Radierungen herzustellen: Er konnte die Zuckertuschelösung direkt auf die Metallplatte pinseln und somit einen Entwurf vor Ort anfertigen („Pinien am Hang“ von 1982).
Die Linolätzung
Einen weiteren Höhepunkt bildete die Entwicklung der auf ihn zurückgehenden Linolätzung (Linoltiefdruck). Zwar gab es in der Geschichte der Kunst bereits andere, die dieses Verfahren nutzten. Doch man kann Gunter Ullrich hier als den ersten Künstler hervorheben, der sich eingehend mit der Linolätzung auseinandersetzte, wie bei „Schwanberg mit Mond“ aus dem Jahr 1974.
Durch die Oberflächenstruktur der geätzten Linolplatte ensteht eine weiche fast aquarellähnliche Flächenwirkung. Einen Nachteil hat diese Technik allerdings: Die Säure greift das Linoleum sehr stark an, so dass nur eine kleine Auflage von ca. 10 Drucken pro Platte möglich ist.
Ich möchte meine Arbeit bis zuletzt positiv beeinflussen. Deshalb drucke ich selbst. So kann ich den Druck steuern und erhalte bei meinen Handabzügen Originale. Die Auflagen sind natürlich klein, 10 bis 20 Abzüge. Damit ist bei meiner Druckgraphik - im Gegensatz zu den Massenauflagen moderner Verfahren - das Handwerk spürbar.Gunter Ullrich über seine drucktechnische Arbeit